Historie Stethen

Beschreibung des Oberamtes Brackenheim um 1880
(Gründungsjahr des Gesangvereins Edelweiss Stetten)

Stethen am Heuchelberg,
mit obere Mühle,

Gemeinde II. Kl. mit 1062 Einw., wor. 1 Kath. – Ev. Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und Postablage; die Kath. sind nach Hausen bei Massenbach eingepfarrt. Zwei Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der schöne ansehnliche Ort hat eine sommerliche Lage an einem sanft gegen das Leinthal sich neigenden Abhange und nur ein kleiner Theil liegt in der Thalebene selbst; auf der entgegengesetzten Seite der zunächst am Ort vorbei fließenden Lein erhebt sich der Heuchelberg, der seine flachen Ausläufer gegen das Dorf sendet. Der Ort hat meist breite, reinlich gehaltene, gekandelte Straßen und wird überdieß von einer breiten mit Trottoirs versehenen Hauptstraße beinahe der ganzen Länge nach durchzogen; sie ist die Vicinalstraße von Schwaigern nach Gemmingen, im Großherzogthum Baden, von der dann im westlichen Theil des Dorfs die Vicinalstraße nach Brackenheim abgeht. Außerhalb des Orts zweigt von der letzteren die Vicinalstraße nach Niederhofen ab. An den Ortsstraßen lagern sich etwas gedrängt die meist sauberen, nicht selten neu gebauten Häuser, so daß der Ort füglich zu den schönsten im Oberamtsbezirk gezählt werden darf. Die älteren Häuser zeigen oft kräftiges Balkenwerk mit hohen konsolenartigen Traghölzern. Früher lief um das Dorf ein theilweise noch sichtbarer Graben.

Mit gutem, theilweise etwas Gips führendem Wasser, das ein laufender und 5 Pumpbrunnen liefern, ist der Ort reichlich versehen; der erstere wird mittelst einer gegen 200 Schritte langen, von Westen hergeführten Wasserleitung gespeist. Auch die Markung ist reich an Quellen, die bedeutendsten sind der Ochsenbrunnen, der Geigersbrunnen, der Fleckenbrunnen und der Hungerbachbrunnen, letzterer eine periodisch fließende Quelle. Im Hardtwald besteht der etwa 1 Morgen große Pelzsee, und in dessen Nähe liegen noch 2 kleinere Seen, die jedoch im Sommer austrocknen. Über die Markung fließen die Lein und der Brühlgraben. Über die Lein sind 4 steinerne und 2 hölzerne Brücken, wie auch 4 Stege angelegt, die sämtlich von der Gemeinde unterhalten werden müssen.

Die Einwohner sind ein kräftiger schön gewachsener Menschenschlag und erreichen nicht selten ein hohes Alter; gegenwärtig zählen 6 Personen 80 Jahre und darüber. Sie sind von Charakter gutartig, ordnungsliebend, gefällig, kirchlich, gewandt im Verkehr und haben schon einige Ähnlichkeit, wie auch im Dialekt, mit den Pfälzern.

Die Hauptnahrungsquellen der Einwohner sind Feldbau, Viehzucht und Weinbau; auch die minder Bemittelten haben viel Gelegenheit zu Verdienst, der ihnen ein gutes Auskommen sichert. Von den Gewerben sind die nöthigen Handwerker vertreten; auch bestehen 2 Schildwirthschaften, ein Kaufladen, 2 Kramläden und eine Mühle im Ort mit 2 Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe (über die obere Mühle s. unten).

Der Ort hat das Recht, alljährlich im Monat Juni einen Krämermarkt abzuhalten.

Von Spuren aus der Vorzeit nennen wir die römische Heuchelbergstraße (Heerstraße); ein sog. Burgweg führt von Stethen über die Flur „Rummel“ in den Hardtwald, wo sich an der badischen Grenze mehrere altgermanische Grabhügel befinden. Bei Anlage der Straße nach Niederhofen ist man im Jahr 1846 eine Viertelstunde südwestlich vom Ort auf der Flur Höhfeld auf zwei Reihengräber gestoßen, die einen Schwertgriff und eine blaue Glasperle enthielten. Im Walde zwischen Stethen und Neipperg stand auf dem Schloßbuckel, von dem man eine ausgebreitete Rundsicht in das badische Unterland und in die Heilbronner und Ludwigsburger Gegend genießt, eine Burg, von der noch etwas Gemäuer und der tiefe Burggraben sichtbar sind; sie habe Rothenbrunnen geheißen. Der Ort soll früher größer gewesen sein und sich namentlich mehr gegen Niederhofen zu erstreckt haben; daselbst besteht noch ein gepflastertes Gäßchen, das sog. Knappengäßchen, das ein Ortssträßchen gewesen sei. Im Horgberg in einem Weinberghäuschen soll ein Geist gehen.

Zu der Gemeinde gehört:

Die obere Mühle mit 2 Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe, 1/8 Stunde oberhalb Stethen an der Lein gelegen.

Der Ort erscheint zuerst in gräflich vaihingischem und durch dieses Mittelglied in württembergischem Besitz. Er gehörte zum Heuchelberger Stab und theilte daher die Geschicke Klein-Gartachs, namentlich in den Jahren 1485–1571 das der Verpfändung an die Familie von Gemmingen, aus welcher Dietrich von G. schon 1358 dem Stift Sinzheim allen seinen hiesigen Besitz und 1390 der Kunigunde von Nippenburg, Georg Grau’s von St. Wittwe, einen Hof allhier abgekauft hatte.